Am 18. und 19. November werden in der Dorfkirche Brittnau Werke der Ikonographin Klara Schmidli aus Vordemwald ausgestellt.

Das Bild zieht den Betrachter sofort in seinen Bann. Es zeigt Jesus Christus, der die Bibel hält. Über seinem Haupt prangt ein Heiligenschein und im Hintergrund steht in altkyrillischer Schrift «Pantokrator», was griechisch ist und so viel bedeutet wie «Weltenherrscher» – darunter wird der Sohn Gottes verstanden. Es handelt sich um eines der bekanntesten Ikonenmotive. Die Ikone hat Klara Schmidli nach alter russischer Tradition auf einem Holzbrett mit Kreidegrund und Goldradierung gemalt. Als Farbe hat sie Eitempera verwendet.

Zur Ikonenmalerei hat Klara Schmidli im Jahr 2004, im Alter von 56 Jahren, gefunden. Sie erklärt, dass einige Schicksalsschläge sie dazu bewogen hätten, sich mit existenziellen Fragen auseinanderzusetzen und diese mit spiritueller Malerei zu verarbeiten. Also habe sie Kurse beim deutschen Ikonenmaler Klaus Kegelmann besucht, der diese regelmässig auch in der Schweiz anbot. Das war allerdings nicht Klara Schmidlis erste Begegnung mit Ikonen; unter anderem hätten Besuche von Ikonenmuseen in Moskau sowie Sankt Petersburg einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen.

Die Ikonenmalerei betreibt sie in den Wintermonaten

Gemalt hat die heute 76-jährige Luzernerin, die seit zwei Jahren in Vordemwald lebt, aber auch schon früher – als Hobby. Beruflich war sie unter anderem als Pflegerin und später als Kunsttherapeutin tätig. Begonnen hat sie mit Landschaftsmalerei. Heute malt sie zumeist abstrakte Kunst – zuletzt hat sie ihre Bilder in Lenzburg ausgestellt. Die Ikonenmalerei betreibt Klara Schmidli jeweils in den Wintermonaten Januar bis März. Sie erklärt: «Dann, wenn es still ist und es draussen schneit, ist die beste Zeit dafür. Das Ikonenschreiben hat etwas Meditatives.» Die Ikonenmalerei gehört zur sakralen Kunst, die im 6. Jahrhundert besonders in den orthodoxen Kirchen in Byzanz entstanden ist.

Die ersten Zeugnisse christlicher Kunst befinden sich aber in den Katakomben in Rom. Als im Römischen Reich zunehmend ein Kult um das Kaiserbild entstand, kam es im noch jungen Christentum zu einem Gegenentwurf aus der Überzeugung, dass Menschen nicht wie eine Gottheit verehrt werden dürfen. So entstand unter anderem die Darstellung von Christus als Weltenherrscher. In den östlichen orthodoxen Kirchen gehören Ikonen zur Liturgie. Sie haben zum Zweck, sowohl beim Maler als auch Betrachter eine Begegnung mit dem Ewigen, eine Berührung mit Gott zu erwirken. Ikonen gelten sinnbildlich als Verbindung zwischen dem unsichtbaren Kosmos und der zur Materie gewordenen geistigen Welt.

Eine Neuinterpretation der orthodoxen Ikonenmalerei

Bei der orthodoxen Ikonenmalerei handelt sich um eine jahrhundertealte Tradition mit eigenen Regeln. Klara Schmidli zählt einige auf: «Das Motiv wird vorgegeben, das Holz wird grundiert, Gold kommt dazu und es werden Eitempera-Farben verwendet, die in vielen Schichten aufgetragen werden.» Unterdessen hat sie rund 27 Ikonen produziert, die sie demnächst – «die meisten, vielleicht alle, je nach Platz» – in Brittnau zeigen wird. Die Ausstellung findet vom 18. bis 19. November in der Dorfkirche statt. Sie lädt ein, sich von zwei unterschiedlichen Zugängen zur Ikonenmalerei berühren zu lassen: Ebenfalls zu sehen sind acht moderne ukrainische Ikonen, die auf einer Neuinterpretation beruhen, die in Lwiw (Lemberg) aufgekommen ist.

Pfarrer Max Hartmann von der Reformierten Kirche Brittnau und die Ikonographin Klara Schmidli aus Vordemwald. Er hält die moderne Ikone «Flash» der Ukrainerin Yaryna Movchan in der Hand, sie ihre eigene Ikone «Pantokrator» nach alter russisch-orthodoxer Tradition. (Bild: Ilir Pinto)
Acht dieser zeitgenössischen Ikonen befinden sich im Besitz des Brittnauer Pfarrers Max Hartmann. Er zeigt unter anderem eine eindrückliche Ikone von Yaryna Movchan. Aquarelle ihres Mannes Danylo Movchan wurden bereits im April in der Stadtkirche Zofingen ausgestellt. Max Hartmann kennt das ukrainische Künstlerehepaar persönlich. Die Ikone der Ukrainerin trägt den englischen Titel «Flash». «Die dargestellte Figur erlebt einen Geistesblitz, eine Berührung mit dem Ewigen», wagt Hartmann einen Erklärungsversuch. Der Pfarrer wird an der Vernissage am Freitag auch einen kurzen Film abspielen, der das Künstlerehepaar bei seiner Arbeit zeigt.

Das ukrainische Künstlerehepaar Danylo und Yaryna Movchan mit seinen Kindern. (Bild: zvg)